In dem heute veröffentlichten Bericht «Killing in the Name of Justice: The Death Penalty in Saudi Arabia» analysiert Amnesty International die Anwendung der Todesstrafe in Saudi-Arabien seit 1985 und kommt zu folgenden Ergebnissen:
Besonders schockierend ist, dass eine Vielzahl der Todessurteile und Hinrichtungen aufgrund unfairer Prozesse und willkürlicher Urteile erfolgt: Den Angeklagten wird regelmässig der Zugang zu anwaltlicher Vertretung verweigert, und die Richter verwenden auch «Geständnisse», die unter Folter zustande gekommen sind. Zahlreiche AusländerInnen erhalten im Prozess keine angemessene Übersetzung, sie müssen Papiere unterzeichnen, die sie nicht verstehen.
Das saudische Recht basiert auf der Scharia, dem islamischen Strafrecht ohne klare Definition von Straftatbeständen. Die Richter haben deshalb einen grossen Ermessenspielraum, der in Willkür ausartet. Dies gilt im Besonderen für Vergehen wider die islamische Moral, die sogenannten «Tazir-Verbrechen» unter der Scharia. In diesem Fall können die Richter je nach Schwere der «Sünde» und des Charakters des Angeklagten bereits aufgrund eines Verdachtes die Todesstrafe aussprechen.
Das saudische Rechtssystem öffnet dem Missbrauch der (ohnehin unmenschlichen) Todesstrafe Tür und Tor. Es muss daher dringend reformiert und mit internationalen Standards für faire Prozesse in Einklang gebracht werden.
Amnesty fordert zudem, dass Saudi-Arabien, solange es an der Todesstrafe festhält, Todesurteile und Hinrichtungen auf Fälle beschränkt, in denen die Angeklagten des Mordes oder der vorsätzlichen Tötung für schuldig befunden wurden, wie dies internationalem Recht entspricht. Zudem muss die Praxis, auch Menschen mit geistiger Behinderung hinzurichten sowie Personen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren, umgehend gestoppt werden.
Medienmitteilung veröffentlicht: Londen/Rio/Bern, 25. August 2015. Medienkontakt