Das von der SVP ergriffene Referendum gegen die Neustrukturierung im Asylwesen ist zustande gekommen. Die Stimmbürger und Stimmbürgerinnen sind aufgerufen, am 5. Juni 2016 darüber abzustimmen.
Die «Neustrukturierung» wurde in drei «Gesetzgebungspakete» aufgegliedert, die aus menschenrechtlicher Sicht positive wie negative Elemente enthalten. Allgemein betrachtet jedoch muss diese Revision als eine erneute Verschärfung des Asylrechts gesehen werden, insbesondere für anerkannte oder in der Schweiz vorläufig aufgenommene Flüchtlinge.
Das Gesetzgebungspaket Nr. 1, vom Parlament im Dezember 2012 verabschiedet, enthält eine Verengung des Flüchtlingsbegriffs und eine Einschränkung des Familiennachzugs. Über diese Gesetzesänderungen hat das Parlament im Dezember 2012 abgestimmt und sie sind in Kraft getreten. Sie können daher vom Referendum nicht mehr in Frage gestellt werden.
Das Gesetzgebungspaket Nr. 2 wurde im September 2015 vom Parlament verabschiedet. Die SVP hat dazu das Referendum ergriffen, das am 5. Juni 2016 zur Abstimmung gelangt. Das Paket enthält eine positive Massnahme: die Einführung von Rechtsbeiständen im Asylverfahren und kostenloser Rechtsschutz für all diejenigen, deren Asylgesuch in einem der Zentren des Bundes oder an den Flughäfen geprüft wird. Amnesty International fordert diese Massnahme schon lange. Eine weitere positive Massnahme stellt die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden, von Familien mit Kindern und betreuungsbedürftigen Personen dar.
Auf der Schattenseite steht hingegen die deutliche Verkürzung der Rechtsmittelfristen.
Ein Nein zum neuen Gesetz am 5. Juni würde demzufolge bedeuten, dass es keine unentgeltlichen Rechtsbeistände gäbe, dass für Kinder der Zugang zu Schulunterricht schwieriger wäre, und der Schutz von verletzlichen Personen nicht gewährleistet würde.
Die Notwendigkeit einer Neustrukturierung des Asylbereichs ist politisch unbestritten. Die nationale Asylkonferenz mit allen offiziellen Akteuren, einschliesslich der Vertreter der SVP, hat eine solche einstimmig gutgeheissen. Das bedeutet, dass im Falle einer Ablehnung des neuen Gesetzes am 5. Juni das Geschäft nochmals vor das Parlament kommt, welches es erneut verabschieden wird, jedoch ohne Aufnahme der positiven Elemente, die es derzeit enthält.
Das Gesetzgebungspaket Nr. 3 besteht aus Dringlichkeitsmassnahmen, die vom Parlament im September 2012 verabschiedet und in einer Volkabstimmung 2013 von fast 80 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gutgeheissen wurden. Damit diese vorläufig noch provisorischen Dringlichkeitsmassnahmen langfristig im Gesetz verankert werden können, hat das Parlament diese in das Gesetzgebungspaket Nr. 2 integriert, über sie wird daher auch im Rahmen des Referendums abgestimmt.
Unter diesen Massnahmen findet sich die Abschaffung des Asylverfahrens auf Schweizer Botschaften, die Nichtanerkennung von Desertion als Asylgrund und die Schaffung von spezieller Zentren für sogenannte renitente Asylsuchende.
Bei einer Ablehnung der Vorlage würden die Bestimmungen von 2012 provisorisch in Kraft bleiben (bis 2019). Man kann jedoch fast sicher sein, dass das Parlament eine Gesetzesvorlage mit dem Ziel, diese Bestimmungen langfristig im Gesetz zu verankern, wieder verabschieden würde. Angesichts des Ergebnisses von 2013 würde niemand erneut das Referendum ergreifen, das höchstwahrscheinlich scheitern würde.
Obwohl die vom Parlament verabschiedete Gesetzesrevision eine erneute Verschärfung des Asylgesetzes darstellt, empfiehlt Amnesty International ein Ja zum revidierten Gesetz, das Folgendes vorsieht: