«Leider wird Untersuchungshaft in der Türkei oft auf eine routinierte masslose Weise angewendet. De facto dient sie als Strafe», sagt Andrew Gardner, Türkei-Researcher von Amnesty International.
Journalistinnen und Journalisten leben in vielen Ländern gefährlich. Doch nirgendwo sind so viele in Haft wie in der Türkei, derzeit sind es mehr als 120. Dies hat das «Komitee zum Schutz von Journalisten» aktuell dokumentiert. Damit sitzt ein Drittel aller inhaftierten Medienschaffenden weltweit in der Türkei in Haft, die meisten warten noch auf ihr Verfahren.
Einige müssen schon seit Monaten in türkischen Gefängnissen ausharren. Nach dem gescheiterten Putschversuch hat die Regierung im Juli 2016 den Ausnahmezustand ausgerufen – er gilt bis heute. Die Erosion der Medienfreiheit ist nicht neu. Als im Jahr 2013 die Gezi-Park-Proteste ausbrachen, strahlte ein grosser Nachrichtensender einen Tierfilm über Pinguine aus, anstatt über die Proteste zu berichten. Journalistinnen und Journalisten verloren ihren Job, weil sie das Missfallen der Behörden erregt hatten. Kritische Medien wurden übernommen und auf Linie gebracht.
Medienschaffende sind zur Zielscheibe einer beispiellosen Kampagne gegen die Meinungsfreiheit geworden. Ungefähr 160 Medien wurden geschlossen, Tausende Journalistinnen und Journalisten haben ihre Arbeit verloren. Die Botschaft ist eindeutig: Wer in der Türkei abweichende Meinungen äussert, zahlt einen hohen Preis.
Der unabhängige Journalismus steht in der Türkei am Abgrund. Die Angst, im Gefängnis zu landen, ist deutlich spürbar: In Zeitungskolumnen und Diskussionssendungen werden nur noch selten Widerspruch oder stark abweichende Meinungen geäussert.