Dinushika Dissanayake, stellvertretende Regionaldirektorin von Amnesty International für Europa, sagt: «Das drakonische Vorgehen der Behörden ist eine massive Eskalation der staatlichen Repression gegen friedliche Kritiker*innen. Die wichtigste politische Oppositionspartei CHP wurde gezielt bekämpft und der Istanbuler Bürgermeister jetzt nur wenige Tage vor seiner erwarteten Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten verhaftet.»
«Die Instrumentalisierung vager Anti-Terror-Vorwürfe zur Inhaftierung und Verfolgung politischer Gegner*innen ist zwar nicht neu, doch die jüngsten Inhaftierungen und Repressalien stellen eine alarmierende Verschärfung der Verfolgung kritischer Stimmen dar. Die türkische Zivilgesellschaft wird weiter in ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt und mundtot gemacht.»
«Die drastische Einschränkung der Menschenrechte in den letzten zehn Jahren hat der Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen in der Türkei Tür und Tor geöffnet.»
Haftbefehle wurden auch gegen etwa 100 weitere Personen erlassen, die mit dem Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu in Verbindung stehen, darunter die Bürgermeister der Stadtteile Şişli und Beylikdüzü in Istanbul. Über 80 von ihnen, darunter İmamoğlu, sind offenbar in den frühen Morgenstunden des 19. März in Polizeigewahrsam genommen worden, weitere 20 Personen müssen noch mit einer Inhaftierung rechnen. Sie unterliegen einem 24-stündigen Anwaltsverbot und könnten bis zu vier Tage in Gewahrsam gehalten werden.
Gestern gab die Universität Istanbul bekannt, dass sie Bürgermeister İmamoğlu den Universitätsabschluss aberkennen werde, nachdem wochenlang öffentlich über dessen Gültigkeit spekuliert worden war. Ein Universitätsabschluss ist eine der Voraussetzungen für die Präsidentschaftskandidatur.
Die Verhaftungen ereigneten sich nur wenige Tage vor der für den 23. März geplanten Vorwahl der wichtigsten Oppositionspartei, der Republikanischen Volkspartei (CHP), bei der İmamoğlu als Präsidentschaftskandidat gewählt werden sollte.
Der Gouverneur von Istanbul kündigte ausserdem die Sperrung wichtiger U-Bahn-Linien und Strassen im Zentrum von Istanbul an. Zudem wurden alle Proteste und Versammlungen in Istanbul für vier Tage verboten. Laut dem Internet-Überwachungsdienst NetBlocks wurde der Zugang zu X, YouTube, Instagram und TikTok im Land eingeschränkt.
Medienmitteilung 19. März 2025, London/Bern – Medienkontakt