Seit dem 14. Dezember 2015 gehen die türkischen Sicherheitskräfte mit umfassenden Operationen gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK im Südosten des Landes vor. Betroffen sind zahlreiche Städte, darunter Cizre, Silopi, Dargecit, Nusaybin und die Grossstadt Diyarbakir. Mehrere Orte und Stadtteile werden militärisch belagert und sind abgeriegelt. Die Lage der Zivilbevölkerung verschlechtert sich immer mehr, und Berichte über Hunderte von zivilen Opfern häufen sich. Bereits im September 2015 waren einige Orte, namentlich Cizre, von ähnlichen Militäroperationen und Belagerungen betroffen. Amnesty forderte schon damals die Regierung dringend auf, die Rechte der Zivilbevölkerung auf Zugang zu Grundversorgung zu gewährleisten.
Lokale Menschenrechtsanwälte haben gegenüber Amnesty ausgesagt, dass verschiedene Quartiere in Dargecit anhaltenden Blockaden mit unterbrochener Nahrungsmittelzufuhr und Trinkwasserversorgung ausgesetzt sind. Darunter leiden schätzungsweise 18‘000 Menschen. In Cizre, Silopi und weiteren Orten war die Elektrizitätsversorgung für mehrere Tage unterbrochen, und die Schulen sind seit Beginn der Offensive geschlossen. Aus dem Stadtteil Sur in Diyarbakir sind gemäss Medienberichten 22‘000 der 24‘000 BewohnerInnen geflohen.
Internationale Menschenrechtsstandards schreiben für Operationen von Militär und Sicherheitskräften in bewohnten Gebieten enge Schranken vor. Im Zentrum steht dabei der Schutz der Zivilbevölkerung. Deren dramatische Lage zeigt, dass die türkischen Sicherheitskräfte den Forderungen, wie sie Amnesty im September 2015 gestellt hatte, auch im Rahmen der jetzigen Operationen nicht nachkommen.
Amnesty International fordert daher die türkischen Militär- und Polizeiorgane erneut auf, den internationalen Menschenrechtsstandards Nachachtung zu verschaffen. Dies betrifft namentlich die folgenden Aspekte:
Die türkische Sektion von Amnesty International hat sich im Zuge der jüngsten Eskalation mit einem Brief an den Innenminister (türkisch) gewandt und dabei namentlich auf die dramatische Lage der Zivilbevölkerung in Dargecit und anderen Orten hingewiesen. Im weiteren hat sie die Regierung an die Verpflichtungen und Beschränkungen betreffend den Einsatz von tödlicher Gewalt erinnert.
Amnesty International hat im Herbst 2015 Untersuchungsmissionen in Cizre und anderen von den Militäroperationen und Kampfhandlungen im September betroffenen Orten durchgeführt. Dabei wurden Menschenrechtsverletzungen aller Akteure untersucht. Der entsprechende Bericht hätte im Januar 2016 veröffentlicht werden sollen. Vor dem Hintergrund der erneuten, noch umfangreicheren Kampfhandlungen und Militäroperationen muss er jedoch überarbeitet werden; ein Erscheinungsdatum steht noch nicht fest.
Appellieren Sie mit Amnesty International an die türkische Regierung, gegenüber der kurdischen Bevölkerung die Menschenrechte einzuhalten - machen Sie mit an der Urgent Action, per Email, Brief oder Fax.