Am 12. Mai 2025 wurde der britische Staatsangehörige Ahmed al-Doush in Saudi-Arabien vor dem Sonderstrafgericht (SCC), das für terrorismusbezogene Straftaten zuständig ist, zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Am 23. Juni wurde die Haftstrafe im Berufungsverfahren auf acht Jahre herabgesetzt. Er ist im al-Hair-Gefängnis in der saudischen Hauptstadt Riad inhaftiert und hat kein faires Verfahren erhalten. Ahmed al-Doush war am 31. August 2024 am internationalen Flughafen King Khalid in Riad festgenommen worden, als er mit seiner Frau und ihren drei Kindern nach einem Besuch in Saudi-Arabien nach Grossbritannien zurückreisen wollte.
Ahmed al-Doush darf nur eingeschränkt mit seiner Familie kommunizieren. Im April sagte er seiner Frau, dass er von den Gefängnisbehörden angewiesen worden sei, sich bei den Anrufen nur über sie und die Kinder zu erkundigen, und dass bei abweichenden Themen – wie z. B. seine Haftbedingungen, sein Gesundheitszustand, sein Verfahren oder die Vorwürfe gegen ihn – der Anruf abgebrochen und eine Strafe verhängt würde.
Die Behörden haben weder seiner Familie noch Angehörigen des britischen Konsulats die Gerichtsunterlagen zukommen lassen, sodass sie z. B. nicht wissen, wie die Anklage gegen ihn lautet und auf welcher Grundlage er verurteilt wurde. Bei seiner ersten Anhörung vor einem Richter in der Woche vom 27. Januar 2025, fünf Monate nach seiner Festnahme, wurde Ahmed al-Doush mitgeteilt, dass gegen ihn Anklage erhoben würde, weil er die Sozialen Medien zur Verbreitung gefälschter, unwahrer und schädlicher Nachrichten gegen das Königreich Saudi-Arabien genutzt habe. Ausserdem werde ihm vorgeworfen, in Verbindung zu einer Person zu stehen, die die nationale Sicherheit des Königreichs bedrohe. Aufgrund der Fragen, die ihm während der ausführlichen Verhöre durch die saudischen Behörden gestellt wurden, glaubt seine Familie, dass diese Anschuldigungen mit einem Beitrag auf Twitter aus dem Jahr 2018 zusammenhängen könnten, den er später gelöscht hatte. Seine Familie geht davon aus, dass die zweite Anschuldigung gegen ihn auf seiner angeblichen Verbindung zu einem saudischen Kritiker im Exil basiert, zu dem er keine Beziehung habe, ausser dass er dessen Sohn kenne.
Amnesty International hat mehrfach dokumentiert, dass die saudischen Behörden zunehmend gegen das Recht auf freie Meinungsäusserung vorgehen und dabei sowohl Staatsangehörige als auch ausländische Staatsbürger*innen ins Visier nehmen, von denen viele zu langen Haftstrafen verurteilt werden, nur weil sie ihre Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit friedlich wahrgenommen haben.
Ahmed al-Doush wurde bei seiner ersten Anhörung am 27. Januar 2025 ein staatlich bestellter Rechtsbeistand zugewiesen, mit dem er nicht regelmässig kommunizieren darf. Aufgrund der Kommunikationsbeschränkungen, denen er während der Telefongespräche mit seiner Frau unterliegt, verfügt sie über keine detaillierten Informationen zu seinem Gerichtsverfahren. So weiss sie zum Beispiel weder Einzelheiten über die gegen ihren Mann erhobenen Anklagen und die Beweise gegen ihn noch über die Haftbedingungen oder seinen Gesundheitszustand.
Am 12. Mai 2025 wurde Ahmed al-Doush zu zehn Jahren Haft verurteilt. Ahmed al-Doush wurde ohne Vorankündigung zum Berufungsgericht bestellt, wo auch sein staatlich bestellter Rechtsbeistand anwesend war. Der Richter sagte ihm, dass sein Schuldspruch bestätigt sei und dass sein Strafmass von zehn auf acht Jahre herabgesetzt würde. Weder die britische Regierung noch die Familie von Ahmed al-Doush oder sein britischer Rechtsbeistand haben Informationen über die Anklagen oder die Grundlage für den Schuldspruch erhalten.
Die Vorwürfe gegen Ahmed al-Doush scheinen sich auf frühere Äusserungen im Internet zu beziehen. Er wurde ausgiebig verhört, ohne dass ein Rechtsbeistand anwesend war und noch bevor er über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informiert wurde. Während der Verhöre wurde ihm Berichten zufolge gesagt, dass er ohne seine Aktivitäten in den Sozialen Medien zu Hause bei seiner Familie wäre. Bemerkenswert ist, dass sein X-Account nur 37 Follower*innen hat und insgesamt vier Beiträge enthält. Bei seiner ersten Anhörung wurde Ahmed al-Doush mitgeteilt, dass er angeklagt sei, weil er die Sozialen Medien zur Verbreitung gefälschter, unwahrer und schädlicher Nachrichten gegen das Königreich Saudi-Arabien genutzt habe. Ausserdem werde ihm vorgeworfen, Verbindungen zu einer Person zu haben, die die nationale Sicherheit des Königreichs bedrohe.
Das Sonderstrafgericht missbraucht vage Bestimmungen auf Grundlage der Gesetze gegen Cyberkriminalität und Terrorismus, um friedliche Meinungsäusserung und Online-Aktivitäten mit „Terrorismus“ gleichzusetzen. Amnesty International hat dokumentiert, dass sich in jeder Phase der Verfahren vor dem Sonderstrafgericht Menschenrechts-verletzungen nachweisen lassen.
Nach der Festnahme am 31. August 2024 wurde der Familie von Ahmed al-Doush zweieinhalb Monate lang jeglicher Kontakt zu ihm verweigert. Die Familie erhielt auch keine Informationen über seine Situation oder den Grund für seine Inhaftierung. Seine Frau und seine Kinder wurden im Unklaren darüber gelassen, wie es ihm geht, unter welchen Bedingungen er festgehalten wird und ob und wann er nach Hause zurückkehren darf. Während dieser Zeit wurde ihm auch der konsularische Beistand durch Vertreter*innen der britischen Regierung verweigert. Dies hinderte die britische Regierung und seine Familie erheblich daran, Informationen über ihn und seine Inhaftierung zu erhalten und mögliche Schritte für seine Freilassung zu prüfen.
Erst am 17. November 2024 wurde Ahmed al-Doush ein Anruf bei seiner Frau gestattet. Ab dann durfte er wöchentlich mit seiner Familie telefonieren. Im Januar 2025 wurden diese regelmässigen Anrufe jedoch unterbrochen und erfolgten nur noch sporadisch. Später erzählte er seiner Familie, dass seine Kommunikation mit ihnen von den Behörden als Strafe dafür eingeschränkt wurde, dass er seine Frau während eines Telefongesprächs nach Gefangenen gefragt hatte, die kürzlich in Saudi-Arabien freigelassen worden waren.
Seit seiner Festnahme wurden Ahmed al-Doush mehrere konsularische Besuche der britischen Botschaft in Riad gestattet; der erste konsularische Besuch fand am 21. November 2024 statt, fast drei Monate nach seiner Inhaftierung. Im Vorfeld des Besuchs gab die britische Regierung keinerlei Informationen über seine Inhaftierung, seinen Status oder sein Wohlergehen an seine Familie weiter und begründete dies mit dem Datenschutz.
Seit 2013 hat Amnesty International die Fälle von 86 Personen dokumentiert, die allein wegen der Ausübung ihrer Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit strafrechtlich verfolgt wurden. Unter ihnen waren 40 Personen, die wegen ihrer friedlichen Meinungsäusserung in den Sozialen Medien strafrechtlich verfolgt wurden. Amnesty International geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl derartiger Strafverfolgungen wesentlich höher ist. Die Prozesse in solchen Fällen entsprechen bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Die Betroffenen werden häufig ohne Anklage und ohne Kontakt zur Aussenwelt in Einzelhaft gehalten und haben keinen Zugang zu Rechtsbeiständen oder Gerichten, um die Rechtmässigkeit ihrer Inhaftierung anzufechten.