Am 2. Oktober 1989 wurden Oscar Smiths von ihm getrennt lebende Frau und ihre beiden Söhne im Teenageralter tot bei sich zuhause aufgefunden. Im Juli 1990 wurde der damals 40-Jährige nach einer zweitägigen Gerichtsverhandlung in Nashville, Tennessee, von der Jury in allen drei Fällen des Mordes für schuldig befunden. Die Verfahrensphase, in der über das Strafmass befunden wird, begann und endete tags darauf, am 26. Juli 1990. Oscar Smith hat stets seine Unschuld beteuert. Im Bundesstaat Tennessee wurde die lebenslange Haftstrafe ohne die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung auf Bewährung erst 1995 eingeführt. Doch selbst zum Zeitpunkt des Prozesses gegen Oscar Smith hätte er, wenn die Geschworenen für eine lebenslange Haftstrafe gestimmt hätten, erst nach 108 Jahren (36 Jahre pro Straftatbestand) auf Bewährung freikommen können. Vor der Erwägung des Strafmasses bat die Verteidigung den Richter, den Geschworenen mitzuteilen, wann der Angeklagte auf Bewährung freikommen könnte, wenn die Jury sich für lebenslänglich aussprechen sollte. Das Gericht lehnte den Antrag ab. Die Geschworenen sprachen sich daraufhin für die Todesstrafe aus.
Im Jahr 2021 zog eine Expertin ein zentrales forensisches Beweisstück in Zweifel, das zur Verurteilung von Oscar Smith verwendet worden war. Bei dem Verfahren im Jahr 1990 hatte die Staatsanwaltschaft den Geschworenen gesagt, dass ein am Tatort gefundener Handabdruck so eindeutig sei, als habe der Täter «seine Unterschrift hinterlassen». Es gäbe keinen Zweifel daran, dass es der Abdruck von Oscar Smith sei, und die Jury solle ihn schon allein deshalb für schuldig befinden. Doch die Expertin mit über 40 Jahren Erfahrung kam 2021 zu dem Schluss, dass anhand dieses Beweismaterials nicht eindeutig nachgewiesen werden könne, dass der Handabdruck zu Oscar Smith gehöre, und dass die damals vorgebrachte Analyse fehlerhaft gewesen sei und weder den heutigen Standards noch denen von 1990 entspreche. Die Expertin machte auch einen Fingerabdruck auf dem Mordwerkzeug (einer Ahle, einem Werkzeug zur Lederverarbeitung) ausfindig. Dieser Abdruck enthielt DNA, die nach modernen Analysen weder von Oscar Smith noch von den Opfern stammte. Im Jahr 2022 lehnte das erstinstanzliche Gericht den Antrag seiner Rechtsbeistände auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf der Grundlage dieser neuen Beweise ab und entschied, dass diese Beweise, selbst wenn sie in der Verhandlung vorgelegt worden wären, keinen Unterschied gemacht hätten. Eine der damaligen Geschworenen gab 2022 eine schriftliche Erklärung ab, in der sie sagte, dass sie Oscar Smith nicht zum Tode verurteilt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass das Mordwerkzeug «die DNA einer unbekannten Person» aufwies.
Die Verurteilung im Jahr 1990 kam auf der Grundlage fehlerhafter bzw. lückenhafter Informationen zustande; nicht zuletzt, da die Jury nicht darüber informiert wurde, dass Oscar Smith zu Lebzeiten nicht auf Bewährung freigekommen wäre. Im Jahr 2020 entschied das Berufungsgericht für Strafsachen in Tennessee, dass kein «verfahrensrechtliches Mittel» zur Verfügung stand, um die Angabe zu überprüfen, dass Oscar Smith aufgrund dieser Umstände kein faires und unparteiisches Verfahren erhalten hatte.
Laut Völkerrecht muss insbesondere in Verfahren, in denen die Todesstrafe verhängt werden kann, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren gewährleistet sein. Diese Verfahren sind vor einem unabhängigen und zuständigen Gericht zu führen, und die Richter*innen und Geschworenen müssen objektiv und unparteiisch entscheiden. Die Vollstreckung eines Todesurteils nach einem Verfahren, in dem diese Verfahrensgarantien nicht gewährleistet wurden, verletzt das Recht auf Leben.
Bereits im Jahr 2022 war ein Hinrichtungstermin für Oscar Smith angesetzt worden. Damals setzte Gouverneur Lee die Exekution eine Stunde vor dem Termin aus, nachdem bekannt geworden war, dass die Gefängnisbehörden ihre eigenen Vorgaben zum Einsatz der Giftspritze nicht eingehalten hatten. Ein gegen die Hinrichtungsvorgaben des Bundesstaats Tennessee eingelegtes Rechtsmittel wird erst im Januar 2026 verhandelt werden. Seit 1976 wurden in den USA 1.620 Menschen hingerichtet, 13 davon in Tennessee. Die Exekution von Oscar Smith wäre die erste Hinrichtung in Tennessee seit dem 20. Februar 2020. Im Jahr 2025 wurden in den USA bislang 13 Todesurteile vollstreckt.
Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe.