Saba Skhvitaridze ist Aktivist und Mitglied des oppositionellen Parteienbündnisses Akhali. Er übt öffentlich Kritik an der Regierung und ist seit 2024 aktiv an regierungskritischen und pro-europäischen Protesten in Georgien beteiligt. Saba Skhvitaridze wurde am 5. Dezember 2024 festgenommen, nachdem er an einer Versammlung der Opposition teilgenommen hatte. Ihm wird vorgeworfen, einen Polizisten mit einem Schlagstock angegriffen und dabei am Kopf verletzt zu haben. Der Vorfall soll sich ereignet haben, als eine Gruppe vermummter Personen nach der Versammlung Aktivist*innen und Politiker*innen angriff. Einer der vermummten Männer ohrfeigte eine Aktivistin, als diese versuchte, seine Kapuze abzunehmen, um seine Identität festzustellen. Saba Skhvitaridze und andere Aktivist*innen griffen daraufhin ein, um den vermummten Mann an weiteren Handgreiflichkeiten zu hindern, was zu einer Auseinandersetzung führte. Der Mann stellte sich später als Polizist heraus. Während dieser Konfrontation erfolgten keine Festnahmen, doch am nächsten Tag wurde Saba Skhvitaridze festgenommen.
Seine Verfahrensrechte wurden sowohl bei der Festnahme als auch während seines Prozesses verletzt. Er wurde ohne Angabe von Gründen festgenommen und die Sicherheitskräfte weigerten sich, ihre Körperkameras zu aktivieren, wie es das georgische Recht vorschreibt. Die Polizist*innen beschlagnahmten die Mobiltelefone von Saba Skhvitaridze und seinem Vater, um die Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsbeistand zu verhindern, und verhörten ihn anschliessend ohne rechtlichen Beistand. Der Aufenthaltsort des Aktivisten wurde seiner Familie und seinem Rechtsbeistand erst fünf Stunden später mitgeteilt.
Saba Skhvitaridze gab an, im Gewahrsam mit Vergewaltigung bedroht und gezwungen worden zu sein, ein «Geständnis» zu unterschreiben, in dem stand, dass er einen Polizisten angegriffen habe. Als er sich weigerte, wurde er von vermummten Sicherheitskräften brutal verprügelt. Sie schlugen ihm etwa zehn Minuten lang ununterbrochen auf den Kopf und in die Rippen und versuchten, ihm den Arm zu brechen. Dabei verlor er zeitweise das Bewusstsein. Im Anschluss verhöhnten ihn die Polizist*innen und ignorierten seine Bitten um einen Rechtsbeistand und medizinische Versorgung, trotz seiner Verletzungen, die ihm starke Schmerzen und Übelkeit verursachten.
Am nächsten Tag erschien Saba Skhvitaridze mit sichtbaren Verletzungen zu seiner Vorverhandlung. Die Staatsanwaltschaft ordnete jedoch keine Untersuchung der von ihm erhobenen Folter- und Misshandlungsvorwürfe an. Erst Tage später, als eine unabhängige medizinische Untersuchung bestätigte, dass seine Verletzungen auf Folter zurückzuführen waren, wurde eine Untersuchung eingeleitet. Nichtsdestotrotz ordnete das Gericht seine Unter-suchungshaft an, ohne die Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit der Entscheidung angemessen zu begründen.
Saba Skhvitaridze wird in einem Hochsicherheitsgefängnis festgehalten, in dem sich normalerweise nur bereits verurteilte Personen befinden oder solche, die eine lebenslange Haftstrafe verbüssen. Der Aktivist wird in Einzelhaft ohne nennenswerten menschlichen Kontakt festgehalten, unter Bedingungen, die Folter und anderweitiger Misshandlung gleichkommen könnten. Dies ist ein weiteres Indiz für den Strafcharakter seiner Inhaftierung. Neben Saba Skhvitaridze sind in Georgien Hunderte weitere Menschen bei friedlichen Protestveranstaltungen von Ordnungskräften gefoltert oder anderweitig misshandelt worden.
Die Festnahme und Behandlung von Saba Skhvitaridze scheint darauf ausgerichtet zu sein, ihn für die Teilnahme an Protesten zu bestrafen und andere von Demonstrationen abzuhalten. Sein Fall war von Anfang an von rechtswidrigen Massnahmen mit Strafcharakter geprägt, was sich in ein grösseres Muster einfügt, nach dem die Behörden das Strafjustizsystem zur Unterdrückung abweichender Meinungen einsetzen.
Berichten zufolge wurde Saba Skhvitaridze ohne Haftbefehl angehalten und ohne Angabe von Gründen festgenommen. Sein Aufenthaltsort wurde mehr als fünf Stunden lang verheimlicht. Die Polizist*innen beschlagnahmten die Telefone von Saba Skhvitaridze und seinem Vater und verhinderten so eine Dokumentation der Festnahme und den Zugang zu einem Rechtsbeistand. Die anfängliche Weigerung, die Festnahme zu registrieren und ihm Zugang zu einem Rechtsbeistand zu gewähren, lässt Zweifel an der Rechtmässigkeit der Festnahme aufkommen. Zudem deutet all dies darauf hin, dass bewusst versucht wurde, den Aktivisten zu isolieren und einzuschüchtern.
Im Gewahrsam wurde Saba Skhvitaridze geschlagen und bedroht, weil er einen Polizisten angegriffen haben soll. Er wurde unter Druck gesetzt, ein «Geständnis» zu unterschreiben, und ihm wurde trotz seiner Verletzungen und starken Schmerzen der Zugang zu medizinischer Versorgung verweigert. Ein gerichtsmedizinisches Gutachten bestätigte, dass seine Verletzungen auf Folter zurückzuführen waren, doch die Behörden haben ihn bisher nicht als Folteropfer anerkannt. Die Untersuchung seiner Folter- und Misshandlungsvorwürfe hat auch nach mehr als sechs Monaten keine Fortschritte gemacht.
Bei seiner Vorverhandlung schloss das Gericht Journalist*innen und die Öffentlichkeit von der Urteilsverkündung aus. Zudem wurde in der Verhandlung nicht auf erhebliche Ungereimtheiten in Verbindung mit Zeugenaussagen, Polizeimethoden und medizinischen Gutachten eingegangen. Die Verteidiger*innen von Saba Skhvitaridze beschwerten sich auch, dass sie nicht in die Lage versetzt wurden, die Zeug*innen der Staatsanwaltschaft angemessen ins Kreuzverhör zu nehmen. Diese waren wiederholt Fragen ausgewichen und hatten so die Möglichkeit der Verteidigung untergraben, die Beweis-lage infrage zu stellen.
Saba Skhvitaridze befindet sich nach wie vor in Untersuchungshaft und muss sich wegen mutmasslicher Körperverletzung an einem Polizisten verantworten. Gleichzeitig sind bisher keine Ordnungskräfte auf der Grundlage der erhobenen Folter- und Misshandlungsvorwürfe ausfindig gemacht und zur Rechenschaft gezogen worden. Die Behandlung von Saba Skhvitaridze steht beispielhaft für die systemische Verletzung von Verfahrensrechten in Georgien, u. a. durch die Anwendung von Folter und anderen Formen der Misshandlung, um Demonstrierende zu bestrafen und einzuschüchtern. Sein Fall fügt sich in ein grösseres Muster ein, in dem das Strafjustizsystem in Georgien missbraucht wird, um Ordnungskräften, denen rechtswidrige Gewaltanwendung – wie Folter und andere Misshandlung – vorgeworfen wird, Straflosigkeit zu gewähren, während Demonstrierende gefoltert, strafrechtlich verfolgt und nach unfairen Verfahren inhaftiert werden.