Serrote José de Oliveira, auch bekannt als General Nila, ist ein Sprecher der UNTRA-Bewegung (Unidade Nacional para Total Revolução de Angola). Am 28. Juli filmte er in der Hauptstadt Luanda gemeinsam mit anderen Aktivist*innen den ersten Tag einer Protestveranstaltung gegen die steigenden Kraftstoffpreise, als einige nicht identifizierte bewaffnete Männer auf sie zukamen und zu schiessen begannen. Serrote José de Oliveira wurde am linken Bein verletzt. Laut Augenzeugenberichten handelte es sich bei den bewaffneten Männern um Angehörige der Kriminalpolizei.
Die Männer brachten Serrote José de Oliveira daraufhin in ein Krankenhaus in Gameque im Grossraum Luanda. Dort nahm er kurz mit Mitgliedern seiner Gruppe Kontakt auf und teilte ihnen mit, dass er behandelt werde. Er erhielt Besuch von Familienangehörigen, die sahen, dass seine Wunde verbunden worden war und davon ausgingen, dass er noch weiter medizinisch behandelt würde. Wenige Minuten später traf jedoch ein Polizeiwagen ein und ein Polizist ordnete an, Serrote José de Oliveira zu verlegen.
Die Behörden gaben an, Serrote José de Oliveira werde in ein Allgemeinkrankenhaus verlegt, doch stattdessen brachte man ihn in eine Kommandozentrale in der Stadt Talatona, wo er von mehreren Polizeikräften verhört wurde. Der letzte Kontakt zu seiner Familie fand am 28. Juli auf der Polizeistation statt. Seitdem haben seine Familie und sein Rechtsbeistand keinen Kontakt mehr zu ihm. Sie wissen nicht, wo er sich aufhält, wie es um seine Gesundheit bestellt ist und auf welcher Rechtsgrundlage er festgehalten wird.
Serrote José de Oliveira wurde lediglich deshalb angeschossen, weil er eine Protestveranstaltung für einen Social-Media-Livestream gefilmt hatte. Amnesty International kritisiert seine willkürliche Festnahme, die unzureichende Behandlung seiner Verletzungen und die Tatsache, dass er ohne Kontakt zur Aussenwelt festgehalten wird. Diese Massnahmen verstossen sowohl gegen die Gesetze Angolas als auch gegen die Verpflichtungen des Landes im Rahmen internationaler Menschenrechtsnormen und -standards.
Nachdem die angolanische Regierung angekündigt hatte, den Preis für Dieselkraftstoff um mehr als 30% anzuheben, riefen zivilgesellschaftliche Organisationen ab dem 12. Juli 2025 zu landesweiten Protesten auf. Die Menschen protestierten gegen die steigenden Lebenshaltungskosten und die zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, denen sie sich ausgesetzt sehen. Am 12. Juli, dem ersten Tag der Proteste, ging die Polizei mit unverhältnismässiger Gewalt gegen Demonstrierende vor und nahm in Luanda mindestens zwölf Personen fest.
Am 19. Juli wurde der 36-jährige Aktivist Osvaldo Kaholol wenige Stunden vor einer geplanten Protestveranstaltung in Luanda festgenommen. Man warf ihm vor, zu Gewalt angestiftet zu haben, weil er in einem Livestream-Video zu Protesten aufgerufen haben soll. Er wurde mehr als 24 Stunden ohne Kontakt zu seinem Rechtsbeistand oder seiner Familie festgehalten. Seine Verwandten berichteten später, dass er in das Calomboloca-Gefängnis verlegt worden sei, ohne dass die Familie oder Rechtsbeistände offiziell benachrichtigt wurden. Erst fünf Tage nach der Verlegung erfuhr die Familie davon. Osvaldo Kaholol musste acht Tage lang dieselbe Kleidung tragen. Seit dem 22. Juli befindet er sich im Hungerstreik, um dagegen zu protestieren, dass seine Familie ihm keine Nahrungsmittel bringen darf.
Im Anschluss an die Protestveranstaltungen rief der Verband der Taxifahrer*innen ab dem 28. Juli zu einem dreitägigen Streik auf, der sich ebenfalls gegen die steigenden Dieselpreise richtete. Die Preissteigerung hatte zu einem Anstieg der Fahrpreise für Minibustaxis um 50% geführt, was für Pendler*innen, die auf diese Art des Transports angewiesen sind, schwerwiegende Folgen hatte. Während des Streiks gab es Berichte über gewaltsame Zusammenstösse mit der Polizei sowie Vandalismus und Plünderungen in verschiedenen Teilen Luandas. Am 31. Juli gab Innenminister Manuel Homem bekannt, dass 1’214 Personen festgenommen worden seien und es 22 Tote und 197 Verletzte gegeben habe.
Die angolanische Regierung ist nicht öffentlich auf die Forderungen der Zivilgesellschaft und der Oppositionsparteien eingegangen, sich zu einem Dialog bzw. einer Überprüfung der Kraftstoffpreise zusammenzusetzen. Es ist nicht das erste Mal, dass eine Steigerung der Kraftstoffpreise in Angola zu Protesten geführt hat, bei denen Menschen gestorben sind. Ein 2024 veröffentlichter Amnesty-Bericht über die Lage in Angola dokumentierte die sogenannten «Huambo-Proteste» am 5. Juni 2023, bei denen Angehörige der Polizei fünf Personen töteten, darunter einen zwölfjährigen Jungen, der auf dem Heimweg von der Schule war.