Walid Daqqah ist in Haft lebensgefährlich an Knochenmarkkrebs erkrankt. Seit dem 7. Oktober 2023 wird er gedemütigt und gefoltert, ihm werden Besuche seiner Familie und die benötigte medizinische Versorgung verweigert. Während dieser Zeit wurde er zweimal wegen einer Verschlechterung seines Gesundheitszustands ins Krankenhaus verlegt. Im März 2023 hatte er eine 37-jährige Haftstrafe verbüsst. Sie war wegen der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe, die 1984 einen israelischen Soldaten entführte und tötete, gegen ihn verhängt worden. Im Jahr 2018 verurteilte ihn ein israelisches Gericht jedoch zu einer weiteren zweijährigen Haftstrafe bis März 2025.
Im Jahr 2022 wurde bei Walid Daqqah Myelofibrose, eine seltene Form von Knochenmarkkrebs, diagnostiziert, der sich durch die schlechte medizinische Versorgung im Gefängnis noch verschlimmerte. Gemäss zweier medizinischer Gutachten zu Walid Daqqahs Gesundheitszustand besteht unmittelbare Lebensgefahr. Einem*r seiner Ärzt*innen zufolge «sind seine Tage gezählt». Doch in den vergangenen Monaten wurde er trotz seines bekannten und dokumentierten Gesundheitszustands gefoltert und anderweitig misshandelt – unter anderem durch körperliche Übergriffe von Gefängniswärtern. Er wurde gedemütigt und erhält weiterhin nicht die von ihm benötigte medizinischen Versorgung. Fast einen Monat lang wurde er im völlig überfüllten Gilboa-Gefängnis festgehalten, ohne Zugang zu angemessener Hygiene und medizinischer Versorgung. Während dieser Zeit musste er zweimal wegen einer Verschlechterung seines Gesundheitszustands ins Krankenhaus verlegt werden.
Seit dem 7. Oktober 2023 wurde Walid Daqqah jeglicher Kontakt zu seiner Familie verweigert und er durfte sich nur einmal mit seinem Rechtsbeistand treffen. Sein Antrag auf Bewährung wurde im August 2023 von einem israelischen Bezirksgericht abgelehnt, und sein Rechtsmittel dagegen wurde am 22. November 2023 vom Obersten Gerichtshof Israels abgelehnt. Nachdem er sein letztes Rechtsmittel ausgeschöpft hat, hat Walid Daqqah noch eine Haftstrafe bis zum 25. März 2025 vor sich. Doch angesichts der fortschreitenden Verschlechterung seines Gesundheitszustands und der schlechten medizinischen Prognose wird er diesen Tag vielleicht nicht mehr erleben.
Walid Daqqah ist ein 63-jähriger palästinensischer Staatsbürger Israels. Er ist Schriftsteller und Vater einer vierjährigen Tochter. Am 25. März 1986 nahmen die israelischen Streitkräfte den damals 24-jährigen Walid Daqqah fest. Im März 1987 verurteilte ihn ein israelisches Militärgericht zu lebenslanger Haft. Es befand ihn für schuldig, eine der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) nahestehende Gruppe befehligt zu haben, die 1984 den israelischen Soldaten Moshe Tamam entführt und getötet hatte. Im Jahr 2012 wurde die lebenslange Haftstrafe von Walid Daqqah auf 37 Jahre verkürzt, nachdem der damalige Präsident Schimon Peres seinem Antrag auf Begrenzung der Haftstrafe stattgegeben hatte. Anfang 2018, fünf Jahre vor Ablauf seiner Haftstrafe, wurde er jedoch in einem anderen Fall zu zwei weiteren Jahren Haft verurteilt, weil er versucht hatte, Handys ins Gefängnis zu schleusen, um Mitgefangenen zu helfen, mit ihren Familien in Kontakt zu treten.
Walid Daqqahs Gesundheitszustand verschlechterte sich im Laufe der Jahre aufgrund der unzureichenden medizinischen Versorgung durch den israelischen Gefängnisdienst (IPS). Im Jahr 2020 traten gesundheitliche Probleme mit seinem Blut auf, und im Dezember 2022 wurde bei Walid Daqqah eine seltene Form von Knochenmarkkrebs diagnostiziert, die eine Knochenmarktransplantation dringend erforderlich macht.
Am 6. November 2023 wurde Walid Daqqah unerwartet in das Gilboa-Gefängnis im Norden Israels verlegt, wo die Zellen extrem überfüllt sind und den Gefangenen und Häftlingen, einschliesslich kranker Gefangener, nicht einmal ein Mindestmass an medizinischer Versorgung und Hygiene gewährt wird. In Gilboa wurde er wiederholt gefoltert und gedemütigt. Der Rechtsbeistand, der ihn besuchte, berichtete Amnesty International, dass am Tag von Walid Daqqahs Verlegung ins Gilboa-Gefängnis etwa zwanzig Beamt*innen, darunter auch eine Person des medizinischen Personals, dort auf ihn warteten, ihm Handschellen auf dem Rücken anlegten, ihn herumzerrten und versuchten, ihn zu zwingen, die israelische Flagge zu küssen, während sie ihn heftig schlugen. Die Schläge zielten auf seinen Bauch. Während sie ihn schlugen, sagten sie ihm, dies sei eine Nachricht der ehemaligen Kultusministerin Miri Regev. In ihrer Zeit als israelischer Kultusministerin ordnete Regev an, die staatliche Finanzierung des in Haifa ansässigen al-Midan-Theaters einzufrieren, weil es ein von Walid Daqqah im Gefängnis geschriebenes Stück aufgeführt hatte. Seine Frau Sanaa hat ihn seit fast fünf Monaten nicht mehr gesehen. Er befindet sich derzeit im Ayalon-Gefängnis (ehemals Ramleh-Gefängnis).