Der 40-jährigen humanitären Helferin und Menschenrechtsverteidigerin Pakhshan Azizi, die der unterdrückten kurdischen ethnischen Minderheit im Iran angehört, droht unmittelbar die Hinrichtung, nachdem die Abteilung 9 des Obersten Gerichtshofs ihren Antrag auf gerichtliche Überprüfung am 25. Januar abgelehnt hat. Ihre Anwält*innen wurden erst zwei Wochen später, am 5. Februar 2025, über diese Entscheidung informiert. Sie hatte einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung gestellt, nachdem die Abteilung 39 des Obersten Gerichtshofs Anfang Januar 2025 ihre Verurteilung und ihr Todesurteil bestätigt hatte. Ihr Todesurteil wegen «bewaffneter Rebellion gegen den Staat» (baghi) basiert lediglich auf ihren friedlichen menschenrechtlichen und humanitären Aktivitäten, u. a. der humanitären Hilfe, die sie zwischen 2014 und 2022 für Frauen und Kinder leistete, die von der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat vertrieben worden waren und sich in Lagern im Nordosten Syriens aufhielten.
Das Revolutionsgericht, das Pakhshan Azizi im Juli 2024 zum Tode verurteilte, führte als «Beweis» für kriminelle Aktivitäten an, dass sie 2009 als Studentin bei einer Demonstration gegen die Hinrichtung eines iranischen Kurden festgenommen wurde und dass sie während der landesweiten Proteste im Jahr 2022 Familien unterstützt hat, die nach Wahrheit und Gerechtigkeit für die rechtswidrige Tötung ihrer Angehörigen suchten. Pakhshan Azizi ist in der Frauenabteilung des Evin-Gefängnisses in Teheran inhaftiert.
Informierten Quellen zufolge wurde Pakhshan Azizi nach ihrer Festnahme im August 2023 gefoltert und anderweitig misshandelt, unter anderem mit geschlechtsspezifischer Gewalt, und ihr wurde wiederholt gesagt, sie habe kein Recht zu leben. Es wurde ihr mit der Hinrichtung gedroht, um sie zu «Geständnissen» zu zwingen, dass sie Verbindungen zu kurdischen Oppositionsgruppen hat, was sie wiederholt bestritt. Der Prozess gegen Pakhshan Azizi im Jahr 2024 war grob unfair. Die Angeklagte hatte weder die Zeit noch die Möglichkeit, sich angemessen auf ihre Verteidigung vorzubereiten. Sie durfte ca. drei Wochen vor der Verhandlung einige wenige Telefonate mit den von ihr gewählten Anwält*innen führen, und sah sie im Gerichtssaal zum ersten Mal. Darüber hinaus haben die Gerichte wiederholt keine glaubwürdigen Beweise für ihre angebliche Mitgliedschaft in kurdischen Oppositionsgruppen vorgelegt. Die Abteilung 39 des Obersten Gerichtshofs behauptete in ihrem Urteil sogar fälschlicherweise, sie sei Mitglied des sogenannten Islamischen Staates, und die Abteilung 9 behauptete, sie sei Mitglied in der Demokratischen Partei Kurdistans im Iran, wobei sie sich auf Berichte staatlicher Medien berief.
Am 4. August 2023 wurde Pakhshan Azizi von Angehörigen des Geheimdienstministeriums willkürlich in Teheran festgenommen und in die Abteilung 209 des Evin-Gefängnisses, das dem Geheimdienstministerium untersteht, gebracht und dort fünf Monate lang in Einzelhaft gehalten, ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand und ihrer Familie. Der Prozess gegen Pakhshan Azizi, der in zwei Sitzungen am 28. Mai und 16. Juni 2024 stattfand, entsprach bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Das Revolutionsgericht verurteilte Pakhshan Azizi nicht nur wegen «bewaffneter Rebellion gegen den Staat» (baghi), sondern auch wegen «Mitgliedschaft in einer Oppositionsgruppe [gegen das Land] (PJAK) [Partei des Freien Lebens Kurdistans]» zu vier Jahren Gefängnis. Letzteres hat im Iran Relevanz für die nationale Sicherheit. In seinem Urteil, mit dem die Verurteilung und das Todesurteil von Pakhshan Azizi Anfang Januar 2025 bestätigt wurde, behauptete die Abteilung 39 des Obersten Gerichtshofs ohne Angabe von Beweisen, dass Pakhshan Azizi Mitglied der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat (IS) sei. In einem Screenshot auf X vom 6. Februar 2025 informierte einer ihrer Rechtsbeistände über die Entscheidung der Abteilung 9 des Obersten Gerichtshofs, mit der Pakhshan Azizis Antrag auf gerichtliche Überprüfung abgelehnt wurde: «Es ist erstaunlich, dass die Abteilung 9 dieses Mal nicht nur den [oben erwähnten] Fehler der Abteilung 39 nicht korrigiert hat, sondern auch einen weiteren Fehler beging, indem sie Frau Pakhshan Azizi als Mitglied der Demokratischen [Partei Kurdistans] betrachtete.» In dem Urteil legte die Abteilung 9 des Obersten Gerichtshofs keine Beweise für ihre Mitgliedschaft in der Demokratischen Partei Kurdistans im Iran vor, sondern bezog sich lediglich auf Berichte der Nachrichtenagentur Tasnim, die der staatlichen Kontrolle der Islamischen Revolutionsgarden untersteht. Amir Raesian schrieb weiter, dass «diese Fehler, die alle in einem einzigen Fall auftraten, nicht nur einfache Fehler sind, sondern vielmehr darauf hindeuten, dass der Fall nicht einmal ordnungsgemäss von den Richter*innen der unteren Instanzen überprüft wurde!» Pakhshan Azizi hat wiederholt betont, dass sie kein Mitglied einer kurdischen Oppositionsgruppe ist.
Informierten Quellen zufolge hat sie den Gerichten umfangreiches Beweismaterial vorgelegt, das ihre humanitäre Arbeit zur Unterstützung von Frauen und Kindern dokumentiert, die nach Angriffen des IS vertrieben wurden und in Lagern im Nordosten Syriens Zuflucht gefunden haben, unter anderem vom Kurdischen Roten Halbmond und einer schweizerischen humanitären Hilfsorganisation.