Der 28-jährige Student Oqba Hashad befindet sich bereits seit dem 20. Mai 2019 willkürlich und ohne Gerichtsverfahren allein wegen des Aktivismus seines Bruders in Haft. Ein Gericht ordnete am 20. Februar 2024 seine Freilassung mit der Begründung an, dass seine Untersuchungshaft in der Rechtssache Nr. 7769/2019 der Staatsanwaltschaft SSSP die Zweijahresfrist nach ägyptischem Recht überschritten hatte. Statt ihn freizulassen, liessen ihn die Sicherheitskräfte vom 22. Februar bis 2. März 2024 verschwinden. Dann wurde er der Staatsanwaltschaft vorgeführt, die seine Untersuchungshaft in einem neuen Fall (Nr. 3391/2023) und auf Grundlage ähnlich konstruierter Vorwürfe, einer Terrorgruppe beigetreten zu sein und sie zu finanzieren, anordnete. Diese Praxis, die gemeinhin als «Rotation» bezeichnet wird, setzen die Behörden systematisch ein, um Menschen auf unbestimmte Zeit in Untersuchungshaft zu halten.
Nach einem Unfall in seiner Kindheit wurde Oqba Hashads rechtes Bein oberhalb des Knies amputiert und er benötigt eine Beinprothese, um sich ohne fremde Hilfe bewegen zu können. Am 4. Januar 2024 erhielt er nach wiederholten Bitten seiner Familie sowie der Mobilisierung von Unterstützer*innen eine neue Beinprothese, da die vorherige im August 2022 gebrochen war. Die neue Prothese war jedoch unbrauchbar, da sie Grösse 40 war, während er Grösse 45 braucht. Einem unabhängigen medizinischen Bericht zufolge, der von Amnesty geprüft wurde, könnte die Verwendung einer nicht passenden Prothese zu weiteren gesundheitlichen Komplikationen führen, wie Problemen mit der Wirbelsäule und der Mobilität sowie zu Hautreizungen und Narbenbildung. Die Strafvollzugsbehörden haben noch nicht auf ein Ersuchen reagiert, das die Familie von Oqba Hashad bereits am 10. Januar bei der Staatsanwaltschaft eingereicht hatte, damit ein*e Ärzt*in ihn besucht und Mass für eine geeignete Beinprothese nimmt. Mehr als ein Jahr später, am 4. Februar 2025, rief die Gefängnisverwaltung die Mutter von Oqba Hashad an, um sie zu bitten, seine bisherige Beinprothese ins Gefängnis zu bringen, und am 6. Februar besuchten sie seine Zelle, um Messungen vorzunehmen, mit dem erklärten Ziel, ihn mit einer funktionstüchtigen Beinprothese zu versorgen. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Urgent Action hat Oqba Hashad jedoch noch keine neue Beinprothese erhalten.
Oqba Hashads körperlicher und geistiger Gesundheitszustand sind nach fast sechs Jahren willkürlicher Inhaftierung unter grausamen und unmenschlichen Haftbedingungen äusserst schlecht. Durch die fehlende Beinprothese leidet er unter starken Rückenschmerzen und kann sich nur mit grosser Mühe bewegen. Diese Situation beeinträchtigt seine psychische Gesundheit dramatisch, wie seine Angehörigen berichten.
Oqba Hashad ist seit fünf Jahren und neun Monaten willkürlich und ohne Gerichtsverfahren inhaftiert, und zwar ausschliesslich wegen des Menschenrechtsengagements seines Bruders Amr Hashad, eines Menschenrechtsaktivisten, der Ägypten 2019 verlassen hat. Die Gefängnisbehörden hatten Oqba Hashad mehrfach, zuletzt im Oktober 2023, über die Menschenrechtsarbeit seines Bruders und dessen Kontakt zu seiner Familie in Ägypten verhört. Sie fragten ihn auch, ob er seinem Bruder Informationen über seine Haftbedingungen gegeben habe. Sein Bruder Amr Hashad war 2014 im Zusammenhang mit seinem Engagement in der Studierendenvereinigung der Universität Assiut festgenommen worden. Anschliessend verurteilte ein Gericht Amr Hashad zu drei Jahren Gefängnis, nachdem es ihn der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, des versuchten Umsturzes der Regierung und der Anstiftung zu Protesten schuldig gesprochen hatte. Aus dem Exil heraus dokumentierte Amr Hashad weiterhin Menschenrechtsverletzungen in Ägypten, einschliesslich Fällen von Verschwindenlassen und grausame und unmenschliche Haftbedingungen. Auch Oqba Hashads Mutter wurde bei einem Besuch des Gefängnisses Shebin Al-Kom, in dem Oqba Hashad damals inhaftiert war, neun Stunden lang festgehalten und verhört. Dabei ging es um einen Facebook-Post, in dem Amr Hashad im Dezember 2020 thematisiert hatte, dass seinem Bruder der Zugang zu seiner Beinprothese verwehrt wurde und die Familie wiederholt Unrecht erlitt.
Die Gefängnisbehörden verweigern Oqba Hashad seit August 2022 unter Verletzung des absoluten Verbots von Folter und anderen Misshandlungen den Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung und einer Beinprothese, was ihm schwere körperliche und psychische Schmerzen und Leiden verursacht, unter anderem weil er dadurch bei seinen grundlegendsten Bedürfnissen auf die Hilfe anderer Gefangener angewiesen ist. Am 9. Januar 2024 wurde Oqba Hashad ohne Rollstuhl und auf einem Bein hüpfend zum Gericht gebracht und musste vor dem Richter auf den Boden sitzen. Die Gefängnisbehörden weigern sich ausserdem, ihm eine fachärztliche Versorgung zu gewähren, die im Gefängnis nicht zur Verfügung steht, was nach Angaben unabhängiger Ärzt*innen, die von seinen Angehörigen konsultiert wurden, dauerhafte und irreversible Schädigungen seiner Wirbelsäule befürchten lässt.