Seit der erneuten Machtergreifung der Taliban im August 2021 werden immer wieder Frauen*, die gegen die drastischen Massnahmen der Taliban protestieren, Opfer des Verschwindenlassens, willkürlich festgenommen und inhaftiert sowie gefoltert oder anderweitig misshandelt. Am 9. Oktober 2023 «verschwand» die Menschenrechtsverteidigerin Manizha Seddiqi, später wurde bekannt, dass sie sich im Gewahrsam der Taliban befand. Am 5. Dezember 2023 wurde sie in ein Gefängnis überstellt. Sie hatte bisher keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand, darf keine regelmässigen Familienbesuche erhalten und ist in Gefahr, gefoltert oder misshandelt zu werden. Bislang ist keine Anklage gegen sie erhoben worden. Manizha Seddiqi muss unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.
Die bekannte Menschenrechtlerin Manizha Seddiqi wurde am 9. Oktober willkürlich in ihrem Zuhause festgenommen, allein weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung wahrgenommen hat. Sie war zu-nächst «verschwunden», später wurde bekannt, dass sie sich im Gewahrsam der Taliban befand. Manizha Seddiqi wurde am 5. Dezember 2023 ins Kabuler Pul-e Charkhi-Gefängnis verlegt.
Nach Erkenntnissen von Amnesty International werden Manizha Seddiqi Familienbesuche vorenthalten, und sie hat weder Zugang zu einem Rechtsbeistand noch zu der benötigten medizinischen Versorgung. Ihre Gesundheit verschlechtert sich zusehends.
Ausserdem ist zu befürchten, dass sie der Gefahr von Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt ist. Diese Sorge wird noch verstärkt angesichts der Informationen, die Amnesty International über Fälle von Inhaftierten in den Haftanstalten und Gefängnissen der Taliban vorliegen. Zwischen Januar 2022 und Juli 2023 berichtete die Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (United Nations Assistance Mission in Afghanistan – UNAMA), dass die Hälfte der 1.600 in Taliban-Gefängnissen begangenen Menschenrechtsverletzungen Folter oder andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellten. Darüber hinaus werden Gefangene häufig unter unwürdigen Bedingungen und ohne Zugang zu der benötigten medizinischen Versorgung festgehalten.
Die Festnahme der Menschenrechtsverteidigerin verstösst gegen mehrere internationale Menschenrechtsabkommen wie z. B. den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Afghanistan gehört. Ausserdem stellt sie einen Verstoss gegen die Rechte auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung dar.
Manizha Seddiqi ist Mitglied der feministischen Organisation «Spontaneous Movement of Afghan Women». Etwa zur gleichen Zeit – zwischen September und November 2023 – nahmen die Taliban drei weitere prominente Menschenrechtsverteidigerinnen willkürlich fest: Parisa Azada, Neda Parwani und Zholia Parsi. Auch sie hatten keinen Zugang zu Rechtsbeiständen oder regelmässigen Familienbesuchen, während sie in Haft waren, und sie wurden keiner Straftat angeklagt. Während die drei wieder freigelassen wurden, ist Manizha Seddiqi weiter in Haft.
Seit der Machtergreifung der Taliban in Kabul im August 2021 schränken die De-facto-Behörden in zunehmendem Masse die Rechte von Frauen* und Mädchen ein und verbieten ihnen die Teilhabe an Politik und öffentlichem Leben. Durch die von den De-facto-Behörden eingeführten Massnahmen werden die Rechte auf freie Meinungsäusserung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung sowie die Rechte auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung beschnitten. Trotz alledem haben Frauen* in mehreren afghanischen Städten, darunter in Kabul, Faizabad, Herat und Masar-e Scharif (Mazar-i-Sharif), friedliche Demonstrationen veranstaltet.
Frauen*, die diese Demonstrationen organisiert oder daran teilgenommen haben, waren Gewalt, willkürlicher Festnahme und Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter und anderen Formen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt. Im August 2023 wurden mindestens acht Mitglieder der feministischen Organisation «Women’s National Unity and Solidarity Movement» festgenommen und mehrere Stunden lang inhaftiert, weil sie Demonstrationen organisiert hatten. Teilnehmerinnen von Demonstrationen werden von bewaffneten Taliban beschimpft, belästigt, eingeschüchtert und bedroht. Die Taliban sind den Demonstrierenden zahlenmässig weit überlegen und vernichten oder konfiszieren systematisch deren Transparente, Flugblätter und anderes Informationsmaterial. Auch einige Journalist*innen, die über diese Demonstrationen berichtet haben, wurden willkürlich festgenommen und misshandelt. Die De-facto-Behörden der Taliban sind Frauen* auch im Anschluss von Demonstrationen gefolgt, um sie festzunehmen. Mehrere Frauen* wurden mit vorgehaltener Waffe in ihrem Zuhause oder in vermeintlich sicheren Unterkünften festgenommen, oft unter Anwendung von Gewalt. Bei den Festnahmen wurden auch einige männliche Verwandte dieser Frauen* von den Taliban brutal verprügelt. Die festgenommenen Frauen* wurden ohne Kontakt zur Aussenwelt inhaftiert und wiederholt gefoltert oder anderweitig misshandelt.
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5. Januar 2024: Weitere tolle Neuigkeit
Wir freuen uns, die grossartige Nachricht zu teilen, dass auch Parisa Azada freigelassen wurde. Die Einzige, die weiterhin in Haft ist, ist Manizha Seddiqi.
18. Dezember 2023: Weitere tolle Neuigkeiten
Wir freuen uns, die grossartige Nachricht mitzuteilen, dass auch Zholia Parsi und ihr Sohn von den Taliban freigelassen wurden. Allerdings liegen uns keine weiteren Informationen darüber vor, wie es ihr geht und über die Bedingungen ihrer Freilassung, daher werden wir die Situation weiterhin genau beobachten.
16. Dezember 2023: Tolle Neuigkeiten
Neda Parwani und ihr Mann wurden freigelassen! Tweet von Amnesty nach der Veröffentlichung