Dr. Mohammad al-Qahtani, der Menschenrechtsverteidiger und Mitbegründer der mittlerweile aufgelösten saudi-arabischen Menschenrechts-organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA), wurde Anfang Januar aus dem Gefängnis entlassen, kann jedoch nicht zu seiner Familie in die USA reisen, da er als Teil seines Strafmasses nun einem zehnjährigen Reiseverbot unterliegt.
Dr. Mohammad al-Qahtani war im März 2012 festgenommen und wegen seiner Arbeit für die ACPRA und seines friedlichen Aktivismus verhört worden. Am 9. März 2013 verurteilte ihn das Strafgericht in Riad zu 10 Jahren Gefängnis mit anschliessendem Reiseverbot von ebenfalls 10 Jahren Dauer. Verurteilt wurde Dr. Mohammad al-Qahtani unter anderem wegen «Verletzung der Treuepflicht gegenüber dem Herrscher», «Infragestellen der Integrität von Staatsbediensteten», «der Beabsichtigung, die Sicherheit des Landes durch Demonstrationsaufrufe zu gefährden und einen Aufruhr zu starten» sowie «Aufwiegelung internationaler Organisationen gegen das Königreich». Das Gericht ordnete auch die Auflösung der Organisation ACPRA an sowie die Beschlagnahmung ihres Eigentums und die Schliessung aller ihrer Social-Media-Konten.
Dr. Mohammed al-Qahtani hatte seine zehnjährige Haftstrafe bereits im Jahr 2022 verbüsst, wurde jedoch weiterhin festgehalten und fiel von Oktober 2022 bis November 2024 dem Verschwindenlassen zum Opfer. In dieser Zeit verschlechterte sich seine Sehkraft erheblich und ihm wurde zu einer Augenoperation geraten, die jedoch vier Mal verschoben wurde.
Im März 2012 wurden Dr. Mohammad al-Qahtani und Dr. Abdullah al-Hamid (auch: Dr. Abdullah bin Hamid bin Ali al-Hamid) wegen ihrer Arbeit und ihres friedlichen Aktivismus festgenommen. Beide waren Gründungsmitglieder der saudi-arabischen Menschenrechtsorganisation für bürgerliche und politische Rechte (Saudi Civil and Political Rights Association – kurz: ACPRA), die 2009 gegründet wurde. Im März 2013 wurden sie zu 10 bzw. 11 Jahren Gefängnis verurteilt. Dr. Abdullah al-Hamid erlitt am 9. April 2020 einen Schlaganfall und blieb in Gewahrsam, obwohl er auf der Intensivstation des al-Shumaisi-Krankenhauses in Riad im Koma lag. Er starb am 24. April 2021.
Mohammed al-Bajadi, ein weiteres der elf Gründungsmitglieder der ACPRA, wurde im März 2011 festgenommen und wegen Teilnahme an einem friedlichen Protest vor dem Innenministerium in Riad vor das berüchtigte Sonderstrafgericht in Riad (SCC) gestellt. Im April 2012 wurde er zu vier Jahren Gefängnis mit anschliessendem Reiseverbot von fünf Jahren Dauer verurteilt. Das Gericht befand ihn in einer Reihe von Anklagepunkten für schuldig, die mit seiner friedlichen Menschenrechtsarbeit zusammenhängen. Nachdem er seitdem mehrere Male festgenommen und wieder freigelassen wurde, nahm man Mohammed al-Bajadi im Mai 2018 erneut fest. Seitdem ist er ohne Anklage oder Gerichtsurteil in Haft.
Mitglieder der mittlerweile aufgelösten Menschenrechtsorganisation ACPRA wurden in den vergangenen zehn Jahren häufig zur Zielscheibe der saudi-arabischen Behörden. Vor ihrer Auflösung berichtete ACPRA über Menschenrechtsverletzungen und half den Familien von Gefangenen, die ohne Anklage inhaftiert waren, dabei, mit Beschwerden gegen das Innenministerium vor das Beschwerdegericht zu ziehen – ein Verwaltungsgericht, das für Beschwerden gegen den Staat und öffentliche Dienste zuständig ist.
Zwischen 2013 und Januar 2025 hat Amnesty International die Fälle von 85 Menschen dokumentiert, die in Saudi-Arabien wegen der Ausübung ihrer Rechte auf freie Meinungsäusserung, friedliche Versammlung oder Vereinigungsfreiheit strafrechtlich verfolgt worden sind, darunter Menschenrechtsverteidiger*innen, friedliche politische Aktivist*innen, Journalist*innen, Dichter*innen und Geistliche. Amnesty International geht davon aus, dass die wahre Zahl um einiges höher liegen könnte.
Amnesty International hat zudem dokumentiert, dass in Saudi-Arabien häufig Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen, die aus dem Gefängnis freikommen, mit Reiseverboten belegt werden. Oft werden Reiseverbote willkürlich und ohne Gerichtsbeschluss verhängt, sodass die Betroffenen erst davon erfahren, wenn sie versuchen auszureisen und von den Behörden an Flughäfen oder Grenzübergängen zurückgewiesen werden. Diese Verbote haben auch Konsequenzen für im Ausland lebende Familienmitglieder saudi-arabischer Aktivist*innen, die ihre Verwandten in der Folge lange Zeit nicht sehen können.