Menschenrechte schützen nicht alle Aspekte des menschlichen Lebens, sondern nur jene, die für den Schutz der menschlichen Würde und die Entfaltung der menschlichen Person besonders wichtig sind. Was zu diesen fundamentalen Rechten gehört, steht nicht ein für alle Mal fest. Vielmehr sind die Menschenrechte das Produkt einer historischen Entwicklung, welche auch heute noch nicht abgeschlossen ist [1]. Grundsätzlich lassen sich drei Generationen von Menschenrechten unterscheiden:
1. Bürgerliche und politische Rechte
Die bürgerlichen und politischen Rechte (erste Generation) gehen auf die amerikanische und die französische Menschenrechtserklärung des späten 18. Jahrhunderts zurück und sind primär als Rechte zur Abwehr staatlicher Übergriffe konzipiert [1]. Sie sind in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung von 1948 sowie im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 festgeschrieben. Mehr zu den bürgerlichen und politischen Rechten
2. Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (wsk-Rechte, zweite Generation) entstanden als Reaktion auf die Verarmung und Ausbeutung der Bevölkerungen während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Die wsk-Rechte haben zum Ziel, dem Individuum materielle Grundbedürfnisse und Bedingungen für die persönliche Entfaltung zu sichern. Sie sind im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966 festgehalten
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3. Kollektivrechte
Schliesslich entstanden in den 1970er Jahren die so genannten Kollektiv- oder Solidaritätsrechte (dritte Generation). Zu diesen Rechten gehören:
• die Rechte auf Entwicklung, auf Frieden und auf eine saubere und gesunde Umwelt
• das Selbstbestimmungsrecht der Völker
Mit Ausnahme der Afrikanischen Menschenrechtscharta von 1981 sind sie jedoch noch nicht Teil der Menschenrechtsverträge geworden. Der Grund dafür liegt darin, dass ihr juristischer Gehalt (wer ist berechtigt, wer verpflichtet und wie setzt man sie durch) bisher nicht geklärt werden konnte und ihnen vor allem von Seiten der Industriestaaten Opposition erwächst. [1] Die Vereinten Nationen beziehen sich jedoch in zahlreichen Dokumenten auf das Recht auf Entwicklung.
Menschenrechte schützen Individuen, weshalb die Menschenrechte in der Regel als individuelle Rechte formuliert sind («jeder Mensch hat ein Recht auf…»). Menschen können sich unterschiedslos auf die Menschenrechte berufen, die ihnen alleine auf Grund ihres Menschseins zustehen.
Manche dieser Individualrechte weisen jedoch eine kollektive Dimension auf. Dazu gehören beispielsweise die Vereinigungsfreiheit, die Gewerkschaftsfreiheit und die Religions- oder Sprachfreiheit. In diesen Fällen tritt das Individuum zwar als Träger eigener Rechte auf, diese verweisen aber auf die soziale Gruppe und Gemeinschaft. Noch deutlicher weisen Garantien des Minderheitenschutzes kollektive Züge auf. Allerdings richten sich Rechte des Minderheitenschutzes in aller Regel an die Angehörigen der Minderheiten. So können sich gemäss Art.27 Pakt II nur Individuen auf dieses Recht berufen.
Menschenrechte verpflichten in erster Linie den Staat. Er besitzt das Gewaltmonopol, damit er für die Sicherheit und Freiheit der Bürger und Bürgerinnen sorgt. Es besteht aber auch die Gefahr, dass er seine Verantwortung nicht wahrnimmt oder seine Macht missbraucht.
Die Menschenrechte sind dazu da, dem Gewaltmonopol des Staates Schranken zu setzen und damit die Gefahren zu verringern, welche den Menschen von Seiten der souveränen Staatsmacht potentiell drohen. [1].
Der Staat kann sich dieser Pflicht nicht mit dem Verweis auf die nationale Souveränität entziehen. Wozu der Staat konkret verpflichtet ist, ergibt sich aus den einzelnen Menschenrechten, an die er gebunden ist. Grundsätzlich verpflichten aber sowohl die bürgerlichen und politischen wie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte den Staat auf drei Stufen [1]:
• Unterlassungspflicht: Die Unterlassungspflicht verpflichtet den Staat dazu, die Einzelnen nicht direkt oder indirekt an der Ausübung seiner Menschenrechte zu hindern. Der Staat muss die Menschenrechte achten, indem er sich passiv verhält und Eingriffe unterlässt, z.B. Folter bei Polizeiverhören oder Zensur der Medien.
• Schutzpflicht: Da Menschenrechtsverletzungen nicht nur vom Staat, sondern auch von Privaten begangen werden (z.B. häusliche Gewalt, rassistische Übergriffe, gravierende Umweltverschmutzungen durch Unternehmen), hat der Staat eine Schutzpflicht. Er muss die Menschenrechte gegen die Übergriffe durch Dritte schützen. Dazu muss er gesetzliche Vorkehrungen treffen und bei Verstössen einschreiten.
• Erfüllungspflicht: Der Staat hat eine Erfüllungspflicht: er muss die Ausübung eines Rechts überhaupt erst ermöglichen. Er muss alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um Personen, die unterhalb eines menschenrechtlichen Mindeststandards leben, dabei zu helfen, diesen Mindeststandard zu erreichen (z.B. Zugang zu öffentlichen Schulen und Gesundheitsversorgung für alle).
Bei allen Pflichten muss der Staat das Diskriminierungsverbot achten und darf niemanden aufgrund seiner Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Religion, politischen oder sonstigen Anschauung ausschliessen.
Obwohl die Menschenrechte seit der Verabschiedung der AEMR 1948 weltweit zunehmend akzeptiert werden, wird die Frage nach ihrer allgemeinen Gültigkeit nach wie vor diskutiert. Zwar anerkennen die Staaten seit der Wiener Weltkonferenz über Menschenrechte von 1993 grundsätzlich, dass sich alle Menschenrechte «aus der Würde und dem Wert herleiten, die der menschlichen Person innewohnen» und dass sie deshalb allgemeingültig und unteilbar sind. Gleichzeitig ist aber der Vorwurf, dass die Menschenrechte ein westliches Kulturprodukt sind, nicht verstummt. [2]
Die Frage nach der universellen Geltung der Menschenrechte taucht in der Praxis immer wieder dort auf, wo sich Staaten über den konkreten Inhalt einer Garantie, die Schranken der Menschenrechte und den Rang der Garantien uneinig sind. Schliesslich werden einzelne Garantien unter Berufung auf religiöse Gebote oder kulturelle Traditionen in Frage gestellt. [2]
Die politische Realität hat gezeigt, dass alle Staaten trotz unterschiedlicher Systeme der Idee der Menschenrechte und ihrem konkreten Inhalt zustimmen können. [2] Tatsächlich besitzt die menschliche Würde in allen Kulturen einen hohen Stellenwert, und keine Kultur erachtet willkürliche Hinrichtungen, Genozid oder brutale Folter als verteidigungswürdige Werte. Unabhängig vom kulturellen Hintergrund haben Menschen weltweit dieselben Grundbedürfnisse und erleben Ungerechtigkeiten auf sehr ähnliche Weise.
Schwere Menschenrechtsverletzungen gefährden die politische und die wirtschaftliche Stabilität und können somit den internationalen Handel oder gar den internationalen Frieden bedrohen. Die langfristigen Interessen der Staaten und der Staatengemeinschaft an stabilen Handelsbeziehungen und ausländischen Investitionen sollten daher die Etablierung eines internationalen Konsens über Menschenrechtsfragen erleichtern. [1]
Einige besonders wichtige Menschenrechte gelten absolut und dürfen unter keinen Umständen eingeschränkt werden. Typische Beispiele sind das Genozidverbot, das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung oder Strafe, das Sklavereiverbot und der Grundsatz «keine Strafe ohne Gesetz». Zur Absolutheit einer Garantie gehört, dass sie auch in Zeiten von Krieg und staatlichem Notstand nicht ausser Kraft gesetzt, d.h. nicht derogiert werden darf.
Die meisten Menschenrechte gelten jedoch nicht absolut. Für jedes einzelne Recht gibt es klare Bestimmungen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmass dieses eingeschränkt werden darf. So ist es beispielsweise erlaubt, dass der Staat zur Wahrung des öffentlichen Interesses oder in Notstandssituationen die Meinungsfreiheit einschränken kann.
Die Menschenrechte gelten nicht nur in Friedens-, sondern auch in Kriegszeiten. Wegen erschwerter Bedingungen ist es dem Staat jedoch nicht immer möglich, alle Menschenrechte unter allen Umständen einzuhalten. Unter gewissen Bedingungen ist es daher erlaubt, einzelne Menschenrechtsgarantien vorübergehend ausser Kraft zu setzen. Manche Menschenrechtsinstrumente enthalten zu diesem Zweck eine so genannte Derogationsklausel.
Gewisse fundamentale Garantien wie beispielsweise das Folterverbot, das Verbot der Sklaverei und der Leibeigenschaft oder das Verbot rückwirkender Strafgesetze können nie ausser Kraft gesetzt werden und sind unter allen Umständen zu beachten.
Spezifischen Schutz in Kriegssituationen bietet das humanitäre Völkerrecht.
Die internationalen Abkommen sind die wichtigsten Rechtsquellen für die Menschenrechte. Darüber hinaus haben verschiedene regionale Organisationen wie der Europarat, die Afrikanische Union und die Amerikanischen Staaten wichtige regionale Menschenrechtsinstrumente verabschiedet.
Der Grundstein für den Menschenrechtschutz wurde 1948 mit der der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gelegt. Da sie eine Erklärung und kein juristisch bindendes Instrument ist, wurden 1966 von der Uno-Generalversammlung zwei für die Unterzeichnerstaaten verbindliche Konventionen verabschiedet:
· der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Pakt I)
· und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Pakt II).
Ausserdem hat die Uno-Generalversammlung eine Anzahl von Erklärungen und Konventionen zum Schutz bestimmter Rechte oder Personen mit bestimmten Bedürfnissen erarbeitet und verabschiedet. Zu vielen Konventionen wurden in der Folge Zusatzprotokolle erarbeitet, welche die Umsetzung und die Kontrollmechanismen festlegen und daher von grosser Wichtigkeit sind.
• Genozidkonvention von 1948
• Antirassismuskonvention von 1965
• Antifolterkonvention von 1984
• Frauenrechtskonvention von 1979
• Kinderrechtskonvention von 1989
• Wanderarbeiterkonvention von 1990
• Behindertenrechtskonvention von 2006
Daneben existieren weitere internationale Abkommen, die für den Schutz der Menschenrechte von grosser Bedeutung sind, aber nicht zu den Menschenrechtsabkommen im engeren Sinn gehören. Eine davon ist die Flüchtlingskonvention, die 1951 verabschiedet wurde und die zentralen Rechte von Flüchtlingen festhält.
In Kriegszeiten spielen die Genfer Konventionen von 1949 eine bedeutende Rolle für den Schutz der Menschen, insbesondere das Genfer Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten und die Zusatzprotokolle von 1977. Sie enthalten Garantien zum Schutz von Personen, die nicht oder nicht mehr an den Feindseligkeiten teilnehmen und beschränkt die erlaubten Kriegsmethoden und –mittel.
Seit 1998 existiert zudem das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs. Die Gerichtsbarkeit dieses Gerichtshofs, der 2002 seine Arbeit aufnahm, erstreckt sich auf folgende Verbrechen: das Verbrechen des Völkermords; Verbrechen gegen die Menschlichkeit; Kriegsverbrechen; das Verbrechen der Aggression.
Die wichtigste Konvention in Europa ist die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), welche vom Europarat 1950 verabschiedet wurde. Eine Anzahl von Zusatzprotokollen ergänzen die Bestimmungen der Konvention, so zum Beispiel Protokoll 6 und 13, mit dem die Todesstrafe in Friedens- beziehungsweise in Kriegszeiten abgeschafft wurde. Die EMRK wurde 1961 durch die Europäische Sozialcharta ergänzt. Weiter wurde ein Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verabschiedet.
Völkerrechtliche Verträge basieren grundsätzlich auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. An ein Menschenrechtsabkommen bleibt ein Staat, der dieses ratifiziert hat, dagegen auch dann gebunden, wenn sich andere Staaten nicht daran halten. Ausserdem gibt es Menschenrechtsverträge, die, einmal unterzeichnet, nicht mehr kündbar sind, ohne dass sich alle Vertragspartner damit einverstanden erklären. Dies gilt beispielsweise für die beiden Uno-Pakte (Bürgerrechtspakt und Sozialpakt).
Dagegen können Staaten, die Vorbehalte gegenüber Artikeln oder Paragraphen der unterzeichneten Abkommen haben, diese bei der Ratifikation des Vertrages äussern und die Gültigkeit von bestimmten Artikeln einschränken. Solche Vorbehalte sind aber nur gültig, wenn sie Gegenstand und Zweck des betreffenden Vertrages nicht aushöhlen. Vorbehalte gegenüber Garantien, welche auch im Gewohnheitsrecht oder im zwingenden Völkerrecht (ius cogens) verankert sind, sind nicht zulässig.
Nicht alle Menschenrechte besitzen die gleiche formelle Rechtskraft. Sie lassen sich danach unterscheiden, ob sie in menschenrechtlichen Verträgen und ihren Protokollen geregelt sind, zum Gewohnheitsrecht zählen oder aus Resolutionen und Deklarationen stammen.
Bei Deklarationen und Resolutionen erkennen Staaten grundsätzlich deren Inhalt an, rechtlich ist dieser jedoch nicht verbindlich. Dies bedeutet, dass Staaten damit nur eine moralische Verpflichtung eingehen. Im Gegensatz dazu sind Rechte, die in internationalen Konventionen und ihren Protokollen enthalten sind, für die unterzeichnenden Staaten verbindlich.
Zum Gewohnheitsrecht gehören Rechte, die aus einer langjährigen und einheitlichen Staatenpraxis und durch die Überzeugung der Staaten entstehen. Wo kein Vertrag vorhanden ist, wird oft auf das Gewohnheitsrecht zurückgegriffen. Gewohnheitsrechtliche Regeln können durch Vertrag jedoch abgeändert werden.
Das zwingenden Völkerrecht (ius cogens) hingegen kann durch Vertrag nicht geändert oder abbedungen werden kann. Es schützt die höchsten und allgemein anerkannten Werte der Staatengemeinschaft und ist nicht derogierbar. Welche Menschenrechte durch ius cogens geschützt sind, ist umstritten. Einig ist man sich beim Verbot der Folter, dem Verbot der Sklaverei, dem Gewaltverbot und dem Verbot des Völkermordes.
Um ein Recht aus einer internationalen Konvention einklagen zu können, muss der Staat diese Konvention ratifiziert haben, und das Recht muss in der nationalen Gesetzgebung verankert sein.
Bei gewissen Ländern werden die Rechte unmittelbar bei der Ratifizierung des Übereinkommens zu nationalem Recht (monistisches System), wie beispielsweise in der Schweiz. Bei anderen Ländern müssen die Konventionen zuerst ins nationale Recht inkorporiert werden (dualistisches System). Dies geschieht entweder durch die Schaffung eines nationalen Gesetzes, das inhaltlich die Verpflichtung des Übereinkommens wiederholt oder aber durch ein Zustimmungsgesetz. Letzteres hält fest, das betreffende Übereinkommen gelte auch für den innerstaatlichen Bereich.
1999 revidierte die Schweiz ihre Bundesverfassung und integrierte unter dem Titel Grundrechte die wesentlichen politischen und bürgerlichen Rechte, die im politischen Pakt (Uno-Pakt II) enthalten sind. Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, die im Sozialpakt (Uno-Pakt I) enthalten sind, wurden als Sozialziele in die Bundesverfassung aufgenommen.
Da es der Staat ist, der die internationalen Menschenrechtsverträge aushandelt, unterzeichnet und ratifiziert, obliegt ihm die Pflicht, diese einzuhalten. Seit den 1980er Jahren (Ende des Kalten Krieges) werden Menschenrechtsverletzungen jedoch zunehmend auch von privaten Akteuren begangen (z.B. bewaffnete Gruppen in Bürgerkriegen, multinationale Unternehmen, organisiertes Verbrechen). Private können für Menschenrechtsverletzungen nur dann direkt zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie für den Staat handeln (z.B. als Betreiber von Gefängnissen, PolizistInnen, Beamte) oder wenn sie in Situationen des Regierungszusammenbruchs de facto Regierungsgewalt ausüben.
Ansonsten können Private meist nur indirekt, d.h. durch «ihre» Staaten, für Menschenrechtsverletzungen bestraft werden. Dazu müssen die Staaten entsprechende Straf- und Privatgesetze schaffen, die Opfer schützen und polizeilich intervenieren.
Für vier besonders schlimme Verbrechen können Individuen auch direkt vom Internationalen Strafgerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden: für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Genozid und Verbrechen der Aggression.
In erster Linie sind die Staaten und ihre Gerichte für die Umsetzung der Menschenrechte verantwortlich. Viele Staaten, darunter auch die Schweiz, verfügen heute über nationale Menschenrechtskommissionen, welche die Umsetzung der Menschenrechte überwachen. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass nationale Mechanismen Menschenrechtsverletzungen oft nicht zu verhindern vermögen. Deshalb hat das Völkerrecht eine Vielzahl internationaler Überwachungsmechanismen geschaffen. Besonders bedeutsam sind die Aktivitäten des Uno-Menschenrechtsrats, der internationalen Strafgerichte und der Überwachungsorgane der Menschenrechtskonventionen.
Auch wenn sie mächtiger sind als manche Staaten, können multinationale Konzerne nicht an die existierenden Menschenrechtverträge gebunden werden. Es gibt auf internationaler Ebene (mit Ausnahme des ILO) auch keine sonstigen rechtlich verbindlichen Instrumente, die transnationale Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten verpflichten würden. Vorhanden sind aber einige Regelwerke, die im Sinne von Soft Law teilweise grosse Bedeutung erlangt haben.
Dies sind:
Einige multinationale Unternehmen setzen sich durchaus mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auseinander. Sie haben sich bspw. bereit erklärt, mit dem Uno-Global Compact gewisse Prinzipien der Menschenrechte, der Arbeitsbeziehungen, der Korruptionsbekämpfung und des Umweltschutzes anzuerkennen.
Ein verbindlicheres Instrument auf Uno-Ebene wird zurzeit diskutiert. Diskussionsgrundlage dafür sind die «Uno-Normen für die Verantwortlichkeit transnationaler Unternehmen und anderer Wirtschaftsunternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte», die von Amnesty International und zahlreichen NGOs unterstützt werden.
In erster Linie sind die Staaten und ihre Gerichte für die Umsetzung der Menschenrechte verantwortlich. Viele Staaten, darunter auch die Schweiz, verfügen heute über nationale Menschenrechtskommissionen, welche die Umsetzung der Menschenrechte überwachen. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass nationale Mechanismen Menschenrechtsverletzungen oft nicht zu verhindern vermögen. Deshalb hat das Völkerrecht eine Vielzahl internationaler Überwachungsmechanismen geschaffen. Besonders bedeutsam sind die Aktivitäten des Uno-Menschenrechtsrats, der internationalen Strafgerichte und der Überwachungsorgane der Menschenrechtskonventionen.
Der Uno-Menschenrechtsrat wurde im März 2006 als Ersatz für die Uno-Menschenrechtskommission geschaffen. Der Rat mit Sitz in Genf besteht aus 47 Mitgliedstaaten und ist der Uno-Generalversammlung direkt unterstellt. Seine Mitglieder werden von der Uno-Generalversammlung mit absolutem Mehr für drei Jahre gewählt. Alle Mitglieder müssen freiwillige Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte formulieren.
Wenn Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen vorliegen, kann ein Mitglied durch eine Zweidrittel-Mehrheit aus dem Rat ausgeschlossen werden. Mit einem Evaluationsmechanismus soll die Einhaltung der Menschenrechtsverpflichtungen aller Staaten überprüft werden können.
Die Überwachungsorgane haben die Aufgabe, die Einhaltung der einzelnen Konventionen zu überprüfen. Die Staaten sind durch die Konventionen dazu verpflichtet, dem jeweiligen Überwachungsausschuss regelmässig einen Bericht über die Einhaltung ihrer Menschenrechtspflichten vorzulegen.
Die Berichte werden geprüft, mit Berichten von NGOs (so genannte «shadow reports») verglichen und mit einer Delegation des Staates in öffentlichen Sitzungen diskutiert. Darauf aufbauend formuliert der Ausschuss Beobachtungen (concluding observations) und Empfehlungen (recommendations).
Obwohl die Entscheide des Ausschusses nicht rechtlich bindend sind, akzeptieren die meisten Staaten die Empfehlungen zumindest teilweise und setzen sie um.
Bedeutsam sind die Empfehlungen auch für die NGOs im betreffenden Land, da sie ihnen Rücken stärken und ihre Arbeit erleichtern. Bei den meisten Konventionen können auch Individualbeschwerden eingereicht werden.
Im Juli 2002 nahm der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag seine Arbeit auf. Der ICC ist ein permanentes internationales Strafgericht, das für die Beurteilung besonders schwerer Straftaten zuständig ist: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
Daneben gibt es so genannte Ad-Hoc Tribunale, die sich mit schweren Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit spezifischen Konflikten befassen (Ex-Jugoslawien, Ruanda, Sierra Leone, Kambodscha).
Menschengerichtshöfe, die zu Menschenrechtsverletzungen Urteile erlassen, gibt es in Europa und in Amerika, sowie teilweise in Afrika.
Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte können sowohl Individuen wie auch Staaten, welche die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, klagen. Während die Möglichkeit der Individualbeschwerde sehr häufig genutzt wird, gibt es kaum Staaten, die gegenüber anderen Staaten Beschwerde einreichen.
Die Schweiz ist sehr früh den humanitären Völkerrechtsabkommen und der Internationalen Flüchtlingskonvention beigetreten. Die meisten Menschenrechtsabkommen dagegen unterzeichnete die Schweiz eher spät.Das erste Uno-Menschenrechtsabkommen, welches die Schweiz 1986 unterzeichnete, war die Antifolterkonvention. Erst nach dem Ende des Kalten Krieges trat die Schweiz auch den anderen Abkommen bei. 1992 traten Pakt I (Bürgerrechte) und Pakt II (Sozialrechte) für die Schweiz in Kraft.
Da die Schweiz eine strenge Ratifikationspraxis hat, tritt sie einem Internationalen Abkommen erst bei, wenn sie die nationalen Gesetze angepasst hat.
Erst als die Stimmbevölkerung 1994 das Schweizerische Antirassismusgesetz annahm, konnte die Schweiz kurz darauf der Antirassismuskonvention beitreten. Bei der Kinderrechtskonvention, welche in der Schweiz 1997 in Kraft trat, musste aufgrund des Drucks konservativer Kreise ein Vorbehalt formuliert werden, der der elterlichen Sorge den Vorrang einräumt. Im gleichen Jahr trat die Schweiz auch der Frauenrechtskonvention bei. 1999 ratifizierte die Schweiz die Genozidkonvention, die 2000 in Kraft trat. Der Wanderarbeiterkonvention von 1990, der Konvention gegen das «Verschwindenlassen» von Personen und der Behindertenkonvention ist die Schweiz noch nicht beigetreten.
Seit 1963 ist die Schweiz Mitglied des Europarats. Als 1971 das Frauenstimmrecht auf nationaler Ebene angenommen wurde, konnte die Schweiz auch 1974 die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ratifizieren. Die Schweiz hat sich stark für die Erarbeitung und Verabschiedung des Europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe eingesetzt.
Die Kapazität der internationalen Mechanismen zur Überwachung der Menschenrechtssituation ist begrenzt. Deshalb spielen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie Amnesty International für die Verwirklichung der Menschenrechte eine wichtige Rolle.
Sie berichten über die Situation der Menschenrechte im Allgemeinen (z.B. Amnesty-Jahresbericht), untersuchen behauptete Verletzungen in konkreten Fällen, stehen Opfern bei und intervenieren zu ihren Gunsten bei den zuständigen Behörden.
Ausserdem mobilisieren sie die Öffentlichkeit gegen Regierungen, die die Menschenrechte systematisch und schwer verletzen, verfassen Berichte (sog. «shadow reports») über die Einhaltung der Menschenrechte zuhanden der Uno-Organe und betreiben Lobbyarbeit.
Die Arbeit der NGOs wird durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte legitimiert. Sie hält fest, dass «alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen […] die Achtung dieser Rechte und Freiheit zu fördern und durch fortschreitende Massnahmen im nationalen und internationalen Bereiche ihre Anerkennung und Verwirklichung» zu gewährleisten.
Um ein Recht einklagen zu können, muss es zuerst in der nationalen Gesetzgebung verankert sein. Wenn Staaten internationale Menschenrechtsverträge unterzeichnen, bedeutet dies noch nicht, dass die Rechte sofort von den Bürgern eingefordert werden können.
Ausserdem kommt es darauf an, ob das Völkerrecht unmittelbar bei der Ratifizierung des Übereinkommens zu nationalem Recht wird (monistisches System) oder ob es zuerst noch ins nationale Recht inkorporiert werden muss (dualistisches System).
Weiter muss geklärt werden, ob das Recht self-executing ist, d.h., ob das Recht überhaupt ein einklagbares Recht enthält und ob dieses genügend präzise ist. Manche Verträge enthalten Regeln, die nicht direkt anwendbar sind oder die Staaten nur dazu verpflichten, nationale Gesetzgebung in diesem Bereich zu erlassen. Die politischen und bürgerlichen Rechte werden im Gegensatz zu den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechten oft als self-executing angesehen.
Nationale Klage immer zuerst
Eine mögliche Verletzung der Menschenrechte muss immer zuerst auf nationaler Ebene eingeklagt werden. Erst wenn alle nationalen Instanzen durchlaufen sind, ist eine internationale Beschwerde möglich.
Je nach Herkunftsland und je nach Stand und Art der Ratifikationen im betreffenden Land kann die Beschwerde an ein regionales oder internationales Kontrollorgan weitergeleitet werden.