Diese Mitteilung erfolgte, nachdem Amnesty International den britischen Behörden eine juristische Eingabe und ein 5000-seitiges Dossier mit einer Vielzahl von Belegen übergeben hatte. Diese zeigen, dass in London stationierte Mitarbeitende von Trafigura die Entsorgung von Abfall in Abidjan – der Hauptstadt der Elfenbeinküste – im August 2006 wohl geplant hatten. Die Abfallentsorgung hatte schwerwiegende Auswirkungen: 100'000 Personen benötigten eine medizinische Behandlung und es gab gemäss den Behörden mindestens 15 Tote.
Die Tatsache, dass die britischen Behörden weder über die nötigen Instrumente, die Expertise, noch die Ressourcen für die Untersuchung verfügen, ist schockierend. Dadurch wird den multinationalen Konzernen eine carte blanche für wirtschaftskriminelle Taten im Ausland ausgestellt.
«Das Entsorgen des giftigen Abfalls war eine Katastrophe für die Bevölkerung von Abidjan. Das Versagen der britischen Behörden ist ein weiteres Desaster für Gerechtigkeit und Verantwortung. Die Regierung muss beweisen, dass sie keine Angst hat vor Konzernriesen» sagt Lucy Graham, Rechtsberaterin für Wirtschaft und Menschenrechte von Amnesty International.
Über ein Jahr lang wurde die Forderung von Amnesty International nach einer Untersuchung der Vorfälle wie eine heisse Kartoffel innerhalb der britischen Behörden weitergereicht. Erst nach Androhung eines gerichtlichen Überprüfungsverfahrens nahm sich die Umweltbehörde schliesslich des Falles an. Am 17. März 2015 verkündete sie jedoch, keine Untersuchung einzuleiten. Sie gab aber zu, dass – wenn sich die Vorwürfe von Amnesty International als richtig erweisen würden – ein schweres Vergehen begangen worden war. In ihrer Mitteilung nannte die Umweltbehörde fehlende Ressourcen und Expertise als Grund für die Entscheidung – auch angesichts der Möglichkeiten von Trafigura, die Untersuchung zu blockieren.
Gemäss einer Mitteilung von Amnesty International vom 23. Juli 2015 handelt es sich bei Trafigura keineswegs um einen Einzelfall: Eine Reihe von einflussreichen britischen multinationalen Konzernen war im Ausland in schwere Menschenrechtsverletzungen involviert, die wohl gegen das britische Strafrecht verstossen. Diese Fälle handeln von mutmasslichen Verbrechen wie der Verletzung von Sanktionen oder der Komplizenschaft bei Folter und Tod in Myanmar, Kolumbien, Tansania, Peru oder der Demokratischen Republik Kongo. Bei all diesen Fällen handelten die britischen Behörden nicht selbst proaktiv, sondern es waren immer die Opfer oder NGOs, die Klage einreichten. Amnesty International deckt hier gravierende Lücken in der britischen Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität auf.
«Angesichts immer mächtiger werdender Multis ist es umso wichtiger, dass die Regierungen sie in die Verantwortung nehmen, wenn sie in schwere Verbrechen im Ausland involviert sind – sei das im Zusammenhang mit den Menschenrechten oder in anderen Bereichen» sagt Lucy Graham. «Doch fehlen dem britischen Justizsystem klar die Mittel, um diese Form der Kriminalität zu bekämpfen.»
Amnesty International fordert deshalb:
Am 25. September 2012 veröffentlichten Amnesty International und Greenpeace den Bericht «The toxic truth» zu den Ereignissen rund um die Entsorgung des Abfalls in Abidjan und der Verantwortung von Trafigura in Grossbritannien. Die Zusammenfassug «too toxic to touch» zeigt die Ereignisse bis heute auf. Mehr Informationen